04.08.2017

Mundhygiene zu Lasten der Krankenkasse?

Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 11. Juli 2017 (B 1 KR 30/16 R) entschieden, dass Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen keinen Anspruch auf Kostenübernahme für eine wöchentliche Zahnreinigung durch ihren Zahnarzt haben. Nichts anderes gilt auch für behinderte Versicherte, die zu einer eigenständigen Mundhygiene nicht in der Lage sind.

Der im Jahr 1975 geborene Mann und spät Kläger war wegen einer Wirbelsäulenversteifung sowie einer geistigen Behinderung nicht zu einer eigenständiger Mundhygiene im Stande und ließ es nur bedingt zu, dass seine ihn pflegende Mutter diese vornimmt. Deswegen ist eine effektive Zahnreinigung einzig durch seine Zahnärztin möglich.

Seine Mutter ging mit ihm einmal wöchentlich zu dieser Ärztin, welche den Mundraum des Klägers unter Einsatz von Ultraschall sowie mechanisch mit Bürstchen und ähnlichen Hilfsmitteln reinigt.

Die gesetzliche Krankenkasse des Klägers weigerte sich, die Kosten von jeweils 15,- Euro zu übernehmen.

Vor Gericht war der Kläger zunächst erfolgreich. Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Sozialgericht Hannover und das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen verurteilten die Kasse zur Kostenübernahme, sofern die behandelnde Ärztin die Maßnahme zur Behandlung bestehender Mund- und Zahnerkrankungen für erforderlich halte.

Das von der Krankenkasse in Revision angerufene BSG wies die Klage des Behinderten als unbegründet zurück, da weder der Gemeiname Bundeausschuss eine Versorgung mit Zahnreinigung als neue Behandlungsmethode empfohlen habe noch der Bewertungsausschuss hierfür Leistungspositionen vorsehe. Her mangele es an einer gesetzlichen Grundlage für die Übernahme der Kosten durch die Kasse des Klägers.

Die Zahnreinigung betrifft im Kern nicht spezifisch medizinische, sondern allgemein sinnvolle Vorgehensweisen zur Verhütung von Zahnerkrankungen, die grundsätzlich auch ein Versicherter selbst leisten kann und daher der Eigenverantwortung des Versicherten zugeordnet sind.

Nach richterlicher Auffassung kann der Kläger (seinerzeit Pflegestufe III) aber evtl. die Pflegeversicherung in Anspruch nehmen, die gegebenenfalls den Bedarf Pflegebedürftiger und von Menschen mit Behinderungen deckt.